Zahlungsunfähigkeit, Insolvenzantrag, COVInsAG

Wer trotz Zahlungsunfähigkeit nicht Insolvenz anmeldet, macht sich strafbar

„Unternehmen, die lediglich überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind, sollen deshalb bis Ende des Jahres weitere Zeit bekommen, um sämtliche Sanierungs- und Refinanzierungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Denn bei diesen Unternehmen besteht die Aussicht auf eine dauerhafte Sanierung, wodurch Arbeitsplätzen erhalten und bestehende Strukturen bewahrt werden können“, so die Pressemitteilung des BMJV vom 2. September 2020. Sie nimmt damit Bezug auf eine nicht immer deutlich wahrgenommene Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes, die für einige Unternehmenslenker eine böse Überraschung bedeuten kann.

Seit dem 1. Oktober 2020 müssen Unternehmen, die unter den Schutzschirm des COVInsAG geschlüpft sind (vgl. Blogbeitrag vom 11. August), genau prüfen, welcher Insolvenzgrund diesen Schutz begründet hat. Diejenigen, welche sich mit Überschuldung konfrontiert sehen, können bis zum 31. Dezember des Jahres erst einmal aufatmen. Sie können in diesem Zeitraum versuchen, den Insolvenzgrund zu beseitigen. Wer allerdings wegen Zahlungsunfähigkeit seine Schulden nicht bedienen kann, muss schnellstens zum Insolvenzgericht.

Wer zahlungsfähig ist, muss Insolvenz anmelden

§ 1 S. 3 COVInsAG enthielt in der ursprünglichen Fassung eine gesetzliche Vermutung für alle Insolvenzgründe, wonach Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen. Damit ist seit Ablauf des 30.September Schluss. Wer als Unternehmensverantwortlicher einer Gesellschaft nicht ab dem 1. Januar eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit innerhalb von maximal drei Wochen erreicht, wird strafbar. Mit anderen Worten: Wer den bisherigen Aufschub seit dem 1. März des Jahres nicht dazu nutzen konnte, wieder liquide zu werden und eingetretene Zahlungsunfähigkeit wieder zu beseitigen, fällt aus dem Schutzraster des Gesetzes heraus.

Damit sind Unternehmensführer genau wie vor dem Gültigkeitszeitpunkt des Gesetzes verpflichtet, genauestens zu prüfen, ob sie in der Lage sind, die überwiegenden und wesentlichen Verpflichtungen der von ihnen verantworteten Einheit zu bedienen. Auch hier gilt wieder, dass es nicht um Hoffnungen, sondern realistische Chancen geht, um die volle Frist von drei Wochen ausschöpfen zu können. Wer mit dem Ablauf des Septembers sicher sein konnte, den Schuldendienst des Unternehmens nicht schultern zu können, sollte bereits auf dem Weg zum Insolvenzgericht (gewesen) sein. Sonst kommt zum Insolvenzgericht noch das Strafgericht hinzu.

Folgen für Gläubiger und Kreditgeber

Auswirkungen hat die Anpassung des Gesetzes auch auf Gläubiger und nicht zuletzt Kreditgeber. Mit Beginn des Monates Oktober sind sie der Segnungen des § 2 COVInsAG verlustig. Alle nach dieser Vorschrift gegebenen Haftungs- und anfechtungsrechtlichen Erleichterungen gelten für den Fall, dass ein Unternehmen zahlungsfähig ist, nicht mehr. Nicht zuletzt Banken werden sich in diesem kritischen Moment sehr genau überlegen, ob sie noch Sanierungskredite vergeben können, ohne dass dies als sittenwidriger Beitrag zur Insolvenz angesehen wird. Die Rechte eines Insolvenzverwalters oder Sachwalters zur Rückgewähr eines neuen Kredites sowie zur Beseitigung der Bestellung von Sicherheiten beispielsweise sind wieder in voller Kraft.

Grund für diese Differenzierung zwischen den beiden Insolvenzgründen soll es sein, dass zahlungsunfähige Unternehmen geringere Chancen hätten, die Insolvenz abzuwenden, als solche, die überschuldet sind. Dass dies in dieser Pauschalität nicht richtig ist, tröstet die betroffenen Unternehmen kaum. Sie müssen schleunigst handeln.

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