Das neue Wettbewerbsregister – Selbstreinigung künftig Standard?
Die letzten Arbeiten laufen auf Hochtouren, Anfang 2021 soll es in Betrieb genommen werden: das neue Wettbewerbsregister. Was Sie über das Register wissen sollten, lesen Sie in diesem Beitrag.
1. Was ist das Wettbewerbsregister?
Das Wettbewerbsregister wird beim Bundeskartellamt als zuständige Registerbehörde eingerichtet und geführt. Es handelt sich um eine bundesweite elektronische Datenbank für Auftraggeber, die mittels des Registers einfach prüfen können, ob Anbieter wegen bestimmter Wirtschaftsdelikte vom Vergabeverfahren auszuschließen sind. Dadurch sollen Auftraggeber künftig besser das Vorliegen von zwingenden bzw. fakultativen Ausschlussgründen gemäß §§ 123, 124 GWB prüfen können.
2. Was sind die rechtlichen Grundlagen des Wettbewerbsregisters?
Maßgeblich ist in erster Linie das „Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines Registers zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregistergesetz – WRegG)“.
Vor Aufnahme des Regelbetriebs sind noch technische und organisatorische Punkte in einer Rechtsverordnung zu regeln (auf Grundlage von § 10 WRegG). Dazu gehören auch die Grundsätze für die Registrierung der Auftraggeber für Abfragen beim Wettbewerbsregister. Der Entwurf der Rechtverordnung ist derzeit in der Abstimmung.
3. Was wird in das Wettbewerbsregister eingetragen?
Die genauen Eintragungsvoraussetzungen sind in § 2 WRegG, die Inhalte der Eintragung in § 3 WRegG geregelt. Eingetragen werden demnach Unternehmen, denen bestimmte Wirtschaftsdelikte zuzurechnen sind. Praxisrelevante Delikte in diesem Zusammenhang sind vor allem Bestechung, Steuerhinterziehung, Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, Betrug und Subventionsbetrug zu Lasten öffentlicher Haushalte sowie Kartellabsprachen.
Voraussetzung für die Eintragung bei Kartellabsprachen ist der Erlass einer kartellbehördlichen Bußgeldentscheidung, bei den übrigen Delikten das Vorliegen einer rechtskräftigen Sanktionsentscheidung (strafgerichtliche Verurteilung, Strafbefehl oder Bußgeldentscheidung). Teilweise muss die verhängte Sanktion zudem eine gewisse Bagatellschwelle überschreiten.
4. Wer erhält Informationen aus dem Wettbewerbsregister?
Das Wettbewerbsregister ist kein öffentlich zugängliches Register. Die Verpflichtung bzw. die Befugnis zur Abfrage des Wettbewerbsregisters ergibt sich aus § 6 WRegG.
Öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber sind ab einem Auftragswert von 30.000 Euro verpflichtet, vor Erteilung des Zuschlags für einen öffentlichen Auftrag beim Register elektronisch abzufragen, ob das Unternehmen, das den Auftrag erhalten soll, eingetragen ist. Auftraggeber in den Bereichen Wasser, Energie, Verkehrsversorgung und Postdienste sowie Konzessionsgeber sind ab Erreichen der EU-Schwellenwerte zur Abfrage verpflichtet. Die Abfragepflicht betrifft damit sowohl Vergabeverfahren oberhalb als auch unterhalb der EU-Schwellenwerte. Aber auch unterhalb dieser Wertgrenzen besteht die Möglichkeit einer Abfrage.
Die Abfrage beim Wettbewerbsregister durch den Auftraggeber erfolgt grundsätzlich über das WebPortal des Wettbewerbsregisters und setzt eine vorherige Registrierung und die Nutzung eines Software-Zertifikats voraus.
5. Wie kommt es zu einer Registereintragung?
Die Meldung der Delikte erfolgt elektronisch durch die zuständigen Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden. Die Registerbehörde prüft dann die übermittelten Daten und nimmt sie, sofern nicht offensichtliche Fehler vorliegen, in die Datenbank auf.
6. Erfährt ein Unternehmen, wenn es in das Wettbewerbsregister eingetragen wird?
Ja. Nach Maßgabe des § 5 WRegG ist das Kartellamt als Registerbehörde verpflichtet, das betroffene Unternehmen vorab zu informieren. Es kann binnen zwei Wochen Stellung nehmen.
7. Was können Unternehmen tun, wenn eine Eintragung im Wettbewerbsregister droht oder bereits erfolgt ist?
Am besten beauftragen Unternehmen bei einer drohenden Eintragung einen Anwalt, damit dieser Akteneinsicht nimmt. Denn gemäß § 5 Abs. 3 WRegG können Unternehmen, die in das Wettbewerbsregister eingetragen sind oder von einer geplanten Eintragung betroffen sind, zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen im Hinblick auf die Eintragung verlangen, dass einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unbeschränkte Akteneinsicht gewährt wird.
Nach § 5 Abs. 2 WRegG besteht im Übrigen ein Anspruch auf Selbstauskunft. Dadurch können Unternehmen ihre Eintragung überprüfen.
8. Was gilt bei privaten Ausschreibungen?
Das Wettbewerbsregister gilt eigentlich nicht für privatwirtschaftliche Ausschreibungen. Allerdings ist zu erwarten, dass Bieter vor Vergabe größerer Aufträge in der Privatwirtschaft dazu verpflichtet werden, dem Auftraggeber eine Selbstauskunft vorzulegen. Die Selbstauskunft dient dann nicht mehr ihrem eigentlich Zweck, nämlich der behördlichen Kontrolle, sondern soll dem Nachweis einer eigenen „weißen Weste“ dienen. Das Bundeskartellamt hält dies offenbar für eine zulässige Praxis und stellt sich auf eine dementsprechend hohe Anzahl von Nachfragen ein.
9. Wie kann man eine Löschung der Eintragung im Wettbewerbsregister erreichen?
Es gibt gewisse Löschungsfristen. Abhängig von der Schwere der Verfehlung werden Einträge nach drei bis fünf Jahren gelöscht.
Eine Löschung vor Ablauf dieser Frist ist möglich, wenn das betroffene Unternehmen mit den Ermittlungsbehörden kooperiert sowie eine Kompensation leistet oder sich dazu verpflichtet und konkrete Maßnahmen ergriffen hat, um ein künftiges Fehlverhalten zu verhindern. Das eingetragene Unternehmen muss in diesem Fall einen Antrag auf vorzeitige Löschung wegen sogenannter „Selbstreinigung“ stellen.
Die Registerbehörde ermittelt nach der Antragstellung den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was vom Antragsteller vorgebracht wird. Sie kann aber auch weitergehende Informationen vom antragstellenden Unternehmen verlangen (bspw. strafgerichtliche Entscheidung oder die Bußgeldentscheidung, Gutachten etc.) oder sich an die mitteilende Strafverfolgungs- oder Verwaltungsbehörde wenden.
Bislang weitgehend ungeklärt sind die konkreten Anforderungen an eine Selbstreinigung. Den rechtlichen Rahmen hierfür steckt § 125 GWB ab. Danach muss das Unternehmen nachweisen, dass es
- für jeden durch eine Straftat oder ein Fehlverhalten verursachten Schaden einen Ausgleich gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat,
- die Tatsachen und Umstände, die mit der Straftat oder dem Fehlverhalten und dem dadurch verursachten Schaden in Zusammenhang stehen, durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber umfassend geklärt hat, und
- konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.
Empfehlenswert ist es, entsprechende Maßnahmen vorab genau anwaltlich prüfen zu lassen und in Form eines Gutachtens darzulegen.
10. Was kann man tun, wenn das Bundeskartellamt eine vorzeitige Löschung ablehnt?
Man kann als Rechtsmittel eine Beschwerde eingelegen. Zuständig ist dann das Oberlandesgericht Düsseldorf. Das Beschwerdegericht entscheidet durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, es sei denn die Sache weist besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf oder hat grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, es sei denn, ein Beteiligter beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Fazit
Für mittelständische Unternehmen, die überwiegend für öffentliche Auftraggeber tätig sind, kann eine Eintragung im Wettbewerbsregister existenzvernichtend sein. Eine professionelle Unternehmensverteidigung muss daher bereits im Ermittlungsverfahren mit entsprechendem Weitblick geführt werden. Im besten Fall kann dadurch eine Eintragung vermieden werden. Andernfalls muss ein Löschungsantrag gestellt werden. Hierbei besteht – im Rahmen der gesetzlichen Regelungen – durchaus Raum für kreative Selbstreinigungsmaßnahmen.
Im Übrigen setzt sich mit der Einführung des Wettbewerbsregisters ein Trend fort, der jüngst durch den Entwurf des Verbandssanktionengesetz seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat: Unternehmen werden immer stärker einer eigenen Überprüfung ihrer Integrität unterworfen. Die zu erwartende Praxis der freiwilligen Selbstreinigungen nach § 125 GWB passt zum Trend, wonach Unternehmen sich vermehrt zur Durchführung von internen Untersuchungen und Kooperationen mit Verfolgungsbehörden, beispielsweise nach dem Verbandssanktionengesetz oder der Bonusregelung des Bundeskartellamts, gezwungen sehen.