Verschärfung der EU-Umweltstrafrechtsrichtlinie – Strengerer Umweltschutz und höhere Compliance-Anforderungen

Die Bekämpfung von Umweltkriminalität steht weiterhin im Fokus des europäischen Gesetzgebers. Am 20. Mai 2024 ist die neue Umweltstrafrechtsrichtlinie (2024/1203/EU) in Kraft getreten. Sie ergänzt ihre Vorgängerrichtlinie (2008/99/EG) um 11 neue Straftatbestände und führt erstmalig einen eigenen Sanktionen-Katalog ein. Die EU möchte eine bessere Verknüpfung von Straf- und Verwaltungsrecht erreichen, um umweltschädigenden Handlungen vorzubeugen und abzuschrecken. Die Richtlinie muss bis zum 21. Mai 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden. Bis dahin sollten sich Unternehmen bereits auf folgende neue Regelungen einstellen:

Neue Umweltstraftatbestände

Der Straftatenkatalog des Art. 3 Abs. 2 wurde erheblich erweitert. Neben klassischen Themen wie Umweltverschmutzung und illegaler Abfallentsorgung werden nun auch Handlungen im Bereich von Offshore-Erdöl- und Erdgasaktivitäten, das illegale Recycling von Schiffen und der Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten unter Strafe gestellt. Besonders hervorzuheben ist die Einführung folgender Straftatbestände:

1. Kein Bau ohne Genehmigung (Art. 3 Abs. 2 lit. k)

Eine Genehmigungspflicht soll für folgende Vorhaben zwingend eingeführt werden: Die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen sowie die Durchführung von Projekten, die in die Natur und Landschaft eingreifen, einschließlich des Abbaus von Bodenschätzen. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist aber, dass das Vorhaben erhebliche Schäden für die Umwelt verursacht oder dazu geeignet ist.

Dies kann sich negativ auf die Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren auswirken. Es bleibt abzuwarten, wie und ob der deutsche Gesetzgeber diesen Straftatbestand mit Beschleunigungsinstrumenten im Genehmigungsverfahren, wie beispielsweise einem vorzeitigen Baubeginn, vereinen wird.

2. Illegale Entnahme von Oberflächen- oder Grundwasser (Art. 3 Abs. 2 lit. m)

Auch die Vorgaben zur Wasserentnahme aus Oberflächengewässern oder dem Grundwasser sollen verschärft werden. Damit soll einerseits der ökologische Zustand von Gewässern erhalten werden, andererseits geht es auch darum, dass sich vorhandene Gewässermengen nicht übermäßig und unkontrolliert verringern.

Ziel ist neben der Erhaltung der Wasserqualität insbesondere das Trockenfallen von Gewässern und Gebieten nicht durch Wasserentnahmen noch weiter zu befördern. Damit sollen beispielsweise Gewässerökosysteme langfristig erhalten und die Trinkwasserversorgung gesichert werden.

Neuer Sanktionen-Katalog

Zusätzlich zu den neuen Straftatbeständen hat der europäische Gesetzgeber erstmalig einen Sanktionen-Katalog eingeführt, der primär auf Unternehmen abzielt. Art und Höhe der Sanktionen hängen vom jeweiligen Straftatbestand ab, folgende Sanktionen sind hierbei hervorzuheben:

  • Strafzahlungen werden an den weltweiten Gesamtumsatz geknüpft (mind. 3 % oder 24 Mio. EUR)
  • Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes
  • Ausschluss von öffentlicher Finanzierung, z.B. Ausschreibungsverfahren, Beihilfen, Genehmigungen und Lizenzen
  • Entzug von Genehmigungen und Zulassungen
  • Verpflichtung zur Einführung von Compliance-Systemen

Die bislang in Deutschland stets gescheiterte Diskussion um die Einführung eines Unternehmensstrafrechts könnte bei der Umsetzung der Richtlinie erneut Fahrt aufnehmen. Derzeit kann gegen Unternehmen gemäß § 30 Abs. 2 OWiG nur eine Verbandsgeldbuße in Höhe von bis zu 10 Mio. EUR verhängt werden. Der europäische Gesetzgeber sendet mit der Verschärfung der Sanktionen ein klares Signal an Unternehmen: Umweltschutz durch Abschreckung.

Ausblick

Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, bereits jetzt ein besonderes Augenmerk auf die künftigen Umweltstraftatbestände zu werfen. Je nach Tätigkeitsbereich sollten entsprechende Compliance-Maßnahmen getroffen bzw. bestehende Maßnahmen angepasst werden. Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren wegen Verstößen gegen Umweltstrafrecht werden auch bei der Due Diligence Prüfung im Rahmen von Transaktionen zu berücksichtigen sein.

Die Einzelheiten der Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bleiben abzuwarten. Da die Richtlinie Mindeststandards aufstellt, sind Verschärfungen dabei nicht auszuschließen.

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Clara Schmidt ist Rechtsanwältin bei ARQIS in Berlin und berät im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Umwelt- und Planungsrecht sowie im Energierecht.

Hannah Düwel, LL.M., ist Rechtsanwältin bei ARQIS in Düsseldorf und berät im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Regulierung, Energierecht und ESG.

Dr. Friedrich Gebert ist Partner bei ARQIS in Düsseldorf und Berlin im Öffentlichen Wirtschaftsrecht, insbesondere in den Bereichen Umweltrecht und Regulierung, mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und ESG.