E-Evidence: Kann ich mich gegen Überwachungsmaßnahmen nach der StPO rechtlich wehren?
Die StPO gibt den Ermittlungsbehörden ein breites Arsenal von Befugnissen an die Hand, um die Wahrheit zu erforschen (für einen Überblick: E-Evidence: Die wichtigsten digitalen Überwachungsmittel der Strafverfolgungsbehörden kurz erklärt). Der Betroffene steht dem freilich nicht schutzlos gegenüber. Vielmehr stellt bereits das Grundgesetz klar: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ (Art. 19 Abs. 4 GG). Das bedeutet, dass dem Betroffenen staatlicher Überwachungsmaßnahmen stets ein Weg offensteht, um die Maßnahme daraufhin gerichtlich überprüfen zu lassen, ob die Behörde zum Handeln überhaupt befugt ist und die Maßnahme auf die richtige Art und Weise durchgeführt hat (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 2 (analog) StPO).
Aufmerksame Leser dieses Blogs werden vielleicht schon das Problem erahnen: viele Maßnahmen der StPO, wie z.B. die Telekommunikationsüberwachung sind darauf angelegt, ohne Kenntnis des Betroffenen vorgenommen zu werden. Der Betroffene erfährt dann erst – wenn überhaupt – im Nachhinein davon, dass er Adressat einer Ermittlungsmaßnahme gewesen ist (dazu: E-Evidence: Erfahre ich, ob ich durch Strafverfolgungsbehörden überwacht werde oder wurde?). In diesem Fall kann der Betroffene zwar noch das Gericht anrufen, um die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellen zu lassen, die Maßnahme selbst konnte der Betroffenen aber nicht verhindern. Dies nimmt die StPO jedoch bewusst in Kauf, um die Ermittlung von Straftaten nicht über Gebühr zu erschweren. Gleichzeitig „kompensiert“ die StPO den Betroffenen aber für die Heimlichkeit des Eingriffs, indem sie solche heimlichen Maßnahmen nur zur Ermittlung schwerer Straftaten zulässt und zudem unter hohe Rechtfertigungsanforderungen stellt. Außerdem unterstehen diese Maßnahmen in der Regel einem sog. Richtervorbehalt. Die Ermittlungsbehörde ist grundsätzlich dazu verpflichtet, die beabsichtigte Maßnahme und ihre Begründung vor ihrer Vornahme dem sog. Ermittlungsrichter vorzulegen. Dieser prüft dann vor der Durchführung der heimlichen Überwachungsmaßnahmen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen – nur wenn der Richter dies positiv feststellt, darf die Maßnahme ergehen.
Schließlich kann es in einem Ermittlungsverfahren dazu kommen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die Ermittlungsbehörde eine Überwachungsmaßnahme gegen den Beschuldigten oder einen sonstigen Betroffenen ergreift. Vorbeugenden Rechtsschutz sieht die StPO für einen solchen Fall nicht vor. Dann kann es empfehlenswert sein, sich bereits vorsorglich an die Behörde zu wenden, um sie durch eine Stellungnahme von der Rechtswidrigkeit oder Sinnlosigkeit der Maßnahme zu überzeugen. Ebenso kann es in einem solchen Fall taktisch klug sein, ein kooperatives Vorgehen zu wählen und der Ermittlungsbehörde die begehrten Beweismittel freiwillig zu übergeben, um die befürchtete Maßnahme obsolet zu machen – dies kann vor allem dann der richtige Weg sein, wenn der Betroffene die Belastungen und Reputationsschäden vermeiden möchten, die etwa durch eine Großrazzia entstehen würden.